Eine kundenorientierte Organisation bauen – aber wie?

Viele Organisationen haben die digitale Transformation technologisch bereits bewältigt. Mit der technologischen Umstellung ist es jedoch nicht getan, sie ist nur der erste Schritt. Der nächste Schritt ist die konsequente Ausrichtung der Organisation auf die Kund:innen. Das ist deswegen wichtig, weil die Fokussierung auf den spezifischen Kundennutzen ein differenzierendes Merkmal, also einen Wettbewerbsvorteil, darstellt. Der Organisation muss es gelingen, mit Hilfe digitaler Technologie die Probleme und Bedürfnisse der Kund:innen grundlegend zu verstehen und zu lösen. Eine solcherart smarte Organisation bietet ihren Kund:innen Lösungen an, die konsequent auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind. Als Erfolg ist dabei nicht der Verkaufsabschluss zu werten, sondern vielmehr, dass das Kundenbedürfnis gestillt wird und eine enge und langfristige Kundenbeziehung entsteht.

In diesem Blogbeitrag geht es darum, wie sich ein Unternehmen organisieren muss, um die Zentrierung auf Kundenbedürfnisse überhaupt möglich zu machen. Welche Anforderungen dabei an das Leadership-Team gestellt werden, wird Thema des nächsten Blogbeitrags sein. 

Kundenzentrierung macht Organisationen smart

Was braucht es also dafür, um die Organisation auf die Bedürfnisse der Kund:innen auszurichten? Wie wird die Organisation smart? Wir bei fifty1 sind davon überzeugt, dass Silodenken durch “Kundendenken”, also durch Kundenzentrierung, abgelöst werden muss. Nicht die Logik der einzelnen Silos und ihr mehr oder weniger gut koordiniertes Zusammenspiel führen zum Erfolg. Im Gegenteil: Die Kundenorientierung verlangt nach crossfunktionalen Teams, die den Kundennutzen konsequent im Blick haben und so End-to-End-Verantwortung übernehmen. 

Kundenwunsch: Aufbauorganisation verändern

Die Lösung für den Kunden ist oft, an der Organisation etwas zu verändern. Einige oft geäußerte Statements sind: „Wir wollen die Struktur verändern, um näher am Markt zu operieren.“ „Wir müssen uns wieder mehr auf unsere Kernaufgaben konzentrieren.“ „Wir wollen moderner werden.“ Für viele scheint es logisch, die Aufbauorganisation zu verändern. Damit ist in der Regel die Aufbauorganisation – das im Organigramm – gemeint. 

Das ist nicht weiter verwunderlich, denn zur Aufbauorganisation haben praktisch alle Mitglieder einer Organisation eine emotionale Nähe. Menschen bewerben sich für eine bestimmte Stelle, also einen Platz in der Aufbauorganisation. Mit dem Kästchen im Organigramm sind Sicherheit, Orientierung und Stabilität verbunden. Die Machtverhältnisse sind klar und das soziale Gebilde weitgehend statisch. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, in solchen Gesprächen genau nachzufragen und vor allem den Wunsch nach Veränderung der Aufbauorganisation zu hinterfragen. Denn: Viel wichtiger für die Kundenorientierung ist es, die Ablauforganisation entlang der Wertschöpfungskette auszurichten.

Wertschöpfungskette analysieren

Die Ablauforganisation beschreibt und organisiert die notwendigen Arbeitsschritte, um Kundennutzen herzustellen. Also die dynamischen Abläufe im Unternehmen. Sie beschäftigt sich mit der Organisation der notwendigen Arbeitsschritte und nutzt jene Ressourcen, die in der Aufbauorganisation bereitgestellt werden. Der englische Begriff „Delivery Organization“ gefällt mir gut, denn er benennt, worum es in erster Linie geht: Es gilt, den Kundennutzen zu maximieren, also um Produkte oder Dienstleistungen, die auf die Bedürfnisse der Kund:innen abgestimmt sind. Für sie stellt ein Umbau der Aufbauorganisation per se keinen Wert dar. Sie sind daran interessiert, dass die Produkte des Unternehmens den Erwartungen hinsichtlich Qualität, Geschwindigkeit und Preis entsprechen. Was liegt also näher als genau zu untersuchen, wie die Wertschöpfungskette organisiert ist?

Ein einfaches Beispiel: Beim Entwickeln einer Mobile-App für einen großen Mobilitätsanbieter arbeiten Growth, Grafik und Design, Softwareentwicklung zusammen. An der Wertschöpfungskette für das Produkt sind eine Designerin, zwei Programmierer:innen und zwei Tester:innen beteiligt. Eine Person aus Growth liefert darüber hinaus relevante Einsichten von Nutzer:innen zur Mobile-App. Wenn die Wertschöpfungskette gut funktioniert, ist die Durchlaufzeit kurz und die App ein Erfolg für die Nutzer:innen – und damit auch für den Mobilitätsanbieter. Wenn nicht, dann lohnt es sich, die Wertschöpfungskette zu analysieren und zu verbessern. Wie effizient funktioniert die Zusammenarbeit? Was funktioniert gut, was nicht? Wie können die Abhängigkeiten koordiniert werden, damit das Team möglichst eigenständig und ohne Wartezeiten arbeiten kann? Wie können spezielle Kundenbedürfnisse optimal befriedigt werden?

Strukturiert vorgehen und visualisieren bringt Klarheit

Für viele unserer Kund:innen ist dieser Zugang zunächst neu. Er ist aber interessant genug, um sich auf den Prozess, den fifty1 für die Analyse der Wertschöpfungskette einsetzt, einzulassen. An einem aktuellen Beispiel will ich beschreiben, wie wir vorgehen. Wir organisierten kürzlich einen Workshop für einen Kunden aus der Medienbranche, den ich einfach Allied AG nennen will. Alle, die für einzelne Schritte der Wertschöpfungskette verantwortlich sind, nehmen daran teil. Die Kundenpersona, die es im Unternehmen schon gibt, steht im Mittelpunkt. Damit ist klar, welche Bilder die Teilnehmenden vor Augen haben, wenn sie von den Kund:innen von Allied sprechen. Manchmal sind es auch mehrere Personas.

Gemeinsam definiert und analysiert die Gruppe die Kernarbeitsschritte, die erforderlich sind, um das Hauptprodukt von Allied herzustellen. Jede einzelne Aktivität wird benannt, ganz strikt aus der Sicht der Kund:innen von Allied AG. Die einzelnen Stationen des Wertstroms werden, von den Kund:innen aus betrachtet, vom ersten bis zum letzten Schritt visualisiert. Wie erleben die Kund:innen von Allied diese wertschöpfenden Aktivitäten? Wie geht Allied auf ihre Bedürfnisse ein? Welche Chancen eröffnen sich den Kund:innen durch die Zusammenarbeit mit Allied? Welche Möglichkeiten nützt Allied, um die Kundenbedürfnisse zu befriedigen? Welche nicht? Schafft Allied es, enge und langfristige Kundenbeziehungen zu etablieren? Das strukturierte Vorgehen unterstützt dabei, auch wirklich alle relevanten Schritte zusammenzutragen. Vor den Augen der Teilnehmenden entsteht eine visualisierte Wertschöpfungskette mit allen wertschöpfenden Aktivitäten von außerhalb der Organisation nach innen.

Die Menschen, die die einzelnen Aktivitäten der Wertschöpfungskette erledigen, wissen in der Regel ziemlich genau, wie es den Kund:innen von Allied geht. Es heißt nicht umsonst, dass alle Mitarbeiter:innen mit Kundenkontakt, etwa Vertrieb, Montage und Zustellung, am besten wissen, was die Kund:innen des Unternehmens brauchen. Sie werden nur zu selten danach gefragt. Warum? Weil sie in der Hierarchie meistens recht weit vom Entscheidungszentrum entfernt sind.

Kundenorientierung an der Wertschöpfungskette ablesen

Schon die strikte Fokussierung auf die Kundensicht bewirkt viele Erkenntnisse bei den Teilnehmenden. Vieles, was im beruflichen Alltag auch gemacht werden muss, wie zum Beispiel Finance, Buchhaltung, HR, Budget, Berichte und Meetings, ist im Workshop nicht relevant. Es geht ausschließlich um jene Beiträge entlang des Wertstroms, die Wert für Kund:innen generieren. Diese strikte Fokussierung auf die Wertschöpfung in Form von Arbeitsschritten führt zu vielen Aha-Erlebnissen, die Visualisierung trägt das ihre dazu bei. Dafür setzen wir Online-Whiteboards wie Mural oder Miro ein oder wenn wir in einem Workshopraum arbeiten, visualisieren wir die Arbeitsschritte häufig mit großen Post-its auf dem Boden. Die Ergebnisse digitalisieren wir anschließend in einem zweiten Schritt. Häufig diskutieren die Teilnehmenden schon beim Erfassen und Ordnen der Aktivitäten, weil unterschiedliche Sichtweisen, Gewohnheiten und Einschätzungen deutlich werden. Im anschließenden Ist-Soll-Vergleich werden die Probleme noch transparenter. Viele Aktivitäten stellen sich als wenig kundenorientiert heraus, Probleme werden transparent und bearbeitbar. Abschließend werden nicht-wertschöpfende Aktivitäten identifiziert, Probleme gewichtet und geeignete Schritte für die weitere Bearbeitung beschlossen. Immer mit dem Ziel, den Kundennutzen zu optimieren.

Neugierig geworden? Wenn du mehr über unseren Prozess zur Analyse der Wertschöpfungskette in deinem Unternehmen erfahren willst, ruf uns an. Wir beraten dich gerne!


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