„Höher, schneller, weiter“ sind bekannte Credos unserer modernen Arbeitswelt. Besonders die Digitalisierung ermöglicht und verleitet uns dazu, immer mehr in dieselben 24 Stunden zu packen. Nur noch schnell eine E-Mail beantworten, bevor der Bus in die Haltestelle einfährt. Am WC klicken wir auf den lustigen Link, den unsere Kollegin heute morgen im Social Channel geteilt hat. Nachrichten konsumieren wir dank pop-ups quasi nebenbei. Schon wieder ein Anschlag. Tote. Schrecklich. Nächstes Thema.

Und so laufen wir durch den Tag, in einer immerwährenden Flut an Input, Stimulation und Output. Zum Nachdenken bleibt nur wenig Zeit. Dazu braucht es bewusste Blocker im Kalender. Für Auszeit und Pausen ebenso. Vom tatsächlichen Verdauen, Sacken-lassen, Wirken-lassen sprechen wir hier noch gar nicht. Dabei sind es eben jene Qualitäten, die in unserer immer schnelleren Welt besonders wichtig sind.

„Wenn du es eilig hast, geh langsam.“ – Konfuzius

Schon Konfuzius wusste von der besonderen Wirkung von Entschleunigung. Unsere Erfahrungen in Unternehmen bestätigen uns diese. Um ein Beispiel zu nennen: Wir begleiten derzeit ein großes Technologieunternehmen dabei, zwei Unternehmen zusammenzuführen. Neben der Veränderung von Geschäftsprozessen, der IT, Arbeitsweisen und dem unvermeidbaren Clash der Kulturen, bleibt der Druck des operativen Geschäfts unverändert aufrecht. Operative Ergebnisse müssen erzielt werden. Als Berater:innen dieser Transformation ist es unsere Aufgabe, Zeitinseln zum Nachdenken und Entscheiden zu schaffen. Dabei kommt es gar nicht darauf an, besonders viel Zeit aufzuwenden. Es kommt vielmehr auf ein entschleunigtes Mindset an. Besonders Führungskräfte sind hier gefragt, sich selbst und ihre Teams in ein entschleunigtes Mindset zu führen, dass dem gehetzten Tun entlang voller To-Do-Listen entgegensteht. Durchatmen. Ankommen. Fokus setzen. Mit Leichtigkeit und Präsenz lassen sich die gleichen Themen effizienter behandeln. Dafür braucht es aber in Kopf und Körper einen Zustand der Entspannung und Entschleunigung.

Um dich dabei zu unterstützen, in der komplexen Welt besser zu fokussieren und die Macht von Entschleunigung für dich und dein Team nutzbar zu machen, haben wir dir fünf Übungen aus der Praxis zusammengestellt. (Wir beginnen mit den einfachsten und steigern uns im Schwierigkeitsgrad.)

Schlafe eine Nacht darüber

Wenn du das nächste Mal eine wichtige E-Mail oder eine Publikation für dein Unternehmen schreibst, dann verfasse den Text und schlafe noch eine Nacht darüber. Wenn etwas noch nicht abgeschlossen ist, tendiert unser Gehirn dazu, an dem Unvollendeten weiterzuarbeiten. Dies tut es ganz ohne unser Zutun. Während wir ruhig im Bett liegen, und ein Glas Wein gönnen oder ein Bad nehmen, rattert unser „Hinterköpfchen“ für uns weiter. Und oft sieht am nächsten Tag die Welt doch noch einmal ein wenig anders aus.

Fünf Minuten digital detox

Wenn der Tag wieder einmal besonders voll ist mit vielen unterschiedlichen Themen und Terminen, dann gönne dir fünf Minuten digital detox: Stelle dir einen Wecker auf fünf Minuten. Dann schalte alles ab. Kein Handy, kein Laptop, kein Fernseher, kein Radio. Fühlt es sich für dich auch sehr komisch an? Wir sind diese Stille gar nicht mehr gewohnt. Unweigerlich kommt die nächste Frage hoch: Was mache ich denn nun in den nächsten fünf Minuten? Die Antwort ist ebenso schlicht wie schwierig umzusetzen: nichts. Atme. Setz dich. Beweg dich. Schließ die Augen. Oder sieh dich um. Tu, was auch immer dir gut tut. Wenn der Wecker wieder klingelt, darfst du eh wieder aktiv sein. Jetzt übe dich einfach im Sein. Und für ganz Mutige: Man kann die fünf Minuten auch auf fünfzehn ausdehnen und sich täglich einen Blocker dafür einstellen.

Vertage eine Entscheidung auf Montag

Wir haben das erst vor kurzem bei fifty1 gemacht. Am Freitag hatten wir einen Call, bei dem einige Themen zu Sprache kamen, die Entscheidungen bedürften. Normalerweise hätten wir versucht, zu überlegen, was es noch braucht, um diese Entscheidungen möglichst rasch treffen zu können. Dieses Mal entschieden wir uns für die entschleunigende Methode: wir beschlossen, die Gespräche über das Wochenende „sacken“ zu lassen und uns am Montag den Entscheidungen zu widmen. In unserer Erfahrung „flutschten“ die Entscheidungen um einiges leichter am Montag, als sie dies am Freitag vielleicht getan hätten.

Entschleunige ein Gespräch durch aktive Passivität

Kennst du jene Art von Gesprächen, die mehr einem Tennis-Match als einem Dialog gleichen? Der Wortwechsel erfolgt schnell. Alle Beteiligten legen noch etwas dazu. Vielleicht ist es sogar kompetitiv. Man ist geneigt einzusteigen, dasselbe Tempo mitzufahren. Und so schaukelt sich das Gespräch immer weiter auf. Es kann hitzig werden. Wo hört der Dialog auf? Wo beginnt die Diskussion? Wo der Streit? In solchen Spiralen kann man selbst einen Beitrag zur Entschleunigung leisten: durch aktive Passivität. Lehne dich zurück. Übe dich im Zuhören. Passivität bedeutet nicht, nicht anwesend zu sein. Passivität bedeutet eine andere Haltung einzunehmen, ein anderes Tempo zu wählen. Hier gilt nicht „die schnellste Reaktion gewinnt“. Hier gilt, frei nach Viktor Frankl, „in der überlegten Reaktion liegt die größte Freiheit“. Indem man den Fokus auf das Zuhören und Verstehen der anderen legt, anstatt auf das Ausdrücken-wollen der eigenen Position, eröffnet sich ein neuer Raum. Oft können sich andere erst unseren Ideen gegenüber öffnen, wenn sie das Gefühl haben, selbst gehört geworden zu sein.

Suche Inspiration in ungeahnten Dingen

Besonders wenn wir Antworten auf Fragen suchen, zu denen uns keine Antworten einfallen wollen, oder wenn wir ganz angestrengt nach einer zündenden Idee suchen, dann kommt meistens keine. Kann sie auch gar nicht. Kreativität benötigt Entschleunigung. Unter Druck entsteht nichts Neues. Unter Druck fährt unser Gehirn die gewohnten neurologischen Bahnen ab. Dabei bleiben wir im Bereich des Alten, des bereits Bekannten, des bereits Gedachten. Für etwas Neues brauchen wir eine neue neurologische Verknüpfung. Gleich einem Auto, das Tempo reduzieren muss, um eine Autobahnausfahrt zu erwischen, müssen wir dafür unser Gehirn entschleunigen. Wie geht das? Hier eine Möglichkeit: Geh raus. Spaziere durch die Straßen. Egal ob es ein Wald oder eine Stadt ist, beobachte die Welt um dich herum und identifiziere drei Dinge, die dir besonders ins Auge stechen. Dann frage dich, was dir diese drei Dinge in Hinblick auf deine Frage oder dein Problem zu verstehen geben wollen. Oft finden wir Inspiration in den ungeahntesden Dingen.

Wir freuen uns über dein Feedback! Welche Übung hast du ausprobiert? Wie ist es dir dabei gegangen? Welchen Unterschied hast du wahrgenommen? Schreib uns gerne an hello@fifty1.com


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